Musikgesellschaft Leuggern
Geschichtliches
Gekürzte Fassung aus der Festschrift zum 100-järigen Bestehen der MGL, 1976.
Die Geburt eines Vereins
Die Musikgesellschaft Leuggern wurde im Jahre 1876 von sieben Personen gegründet. Am 10. Januar 1876 wurde die erste Versammlung abgehalten, an der auch die ersten Statuten genehmigt wurden. Zur Finanzierung der Instrumente (welche Fr. 336.- kosteten) wurde bestimmt, dass jedes Mitglied ein Jahr lang wöchentlich "Fr. 1.50 Cts." in die Vereinskasse bezahlt. Die Gründungsmitglider waren: Benjamin Erne (Präsident), Raimund Keller, Robert Erne, Paul Meisel, August Hess, Friedrich Keller, Emil Erne.
Bereits an der ersten Versammlung vom 1. November 1876 konnten 3 neue Mitglieder aufgenommen werden: "Benjamin Erne, Sohn, Franz Erne von Ziegelhütte und Schwere, Sattler".
Krise und Auferstehung
Doch schon damals - wie auch heute - war es mit der Begeisterung alleine nicht getan. Einige Mitglieder merkten bald, dass das Musizieren ohne jegliche Grundausbildung nicht so leicht ist. Bereits im ersten Jahr musste der Verein für versäumte Proben Bussengelder einführen. Auch Austritte mussten zur Kenntnis genommen und Ausschlüsse verfügt werden. Als auf einen Schlag vier Mitglieder austraten und eines starb, wurde der Verein 1880 für kurze Zeit aufgelöst.
Bereits 1882 kam es zu Neugründung durch sechs Mitglieder: Raimund Keller, Paul Rennhard, Johann Binkert, Gustav Binkert, Xaver Haus und Eugen Widmer. Wiederum wurden Bussengelder eingeführt, welche je nach Kassenstand festgelegt wurden: 20, 30, 50 oder 70 Cts.
Harte Bräuche
Mit Mitgliedern, welche sich um die Busse drücken wollten, wurde ziemlich unzimperlich verfahren: sie wurden ohne Nachsicht vor den Friedensrichter geladen. In einem Fall musste sich ein Mitglied wegen drei hintereinander geschwänzten Proben öffentlich entschuldigen.
Durch erste Auftritte in der Öffentlichkeit wuchs langsam das Ansehen des Vereins. 1896 wurde der Beitritt zum Aargauischen Musikverein beschlossen. Stolz präsentierte man sich 1902 zum ersten Vereinsfoto.
Das älteste Vereinsfoto von 1902.
Stehend von links nach rechts: August Rennhard, Meinrad Vögele, Wilhelm Erne (Eien), Alfred Kalt.
Sitzend von links nach rechts: Gottfried Frei, Josef Gärtner.
1913 war der Bestand immerhin schon auf 15 Mitglieder angewachsen. Anscheinend war es aber schwierig immer alle bei der Stange zu behalten:
Der Präsident M. Vögeli teilt mit, die Musikgesellschaft Leuggern sei von der Schützengesellschaft Böttstein als Festmusik auf das am 14. Juli 1912 angesetzte Schützenfest engagiert worden. Er stellt den Antrag, jede Versäumnisse der nächsten drei, wenn nötig vier Musikproben sei ohne genügenden Grund mit 3 sfr., und jede Viertelstunde Verspätung mit 50 Cts. zu büssen. Dieser Antrag wurde mit Mehrheit angenommen.Somit Schluss der VerhandlungBeschlossen: Leuggern, den 6. Juli 1912
Das liebe Geld
Dass mit öffentlicher Unterstützung früher kaum gerechnet werden durfte, mag etwa aus einem Vereinsbeschluss aus dem Jahre 1921 hervorgehen. Es wurde beschlossen, Bänke anzuschaffen. Begründung: Damit man bei den Proben sitzen kann ...
Der Betrieb eines Musivereins kostete schon damals viel Geld. 1925 wurde erstmals alles Mobiliar und Inventar zu einem Betrag von 7000 Franken versichert. 1928 musste man den Entschluss fassen, "keinen Musiktag mehr zu besuchen, da dies für den Verein nicht mehr tragbar" sei. Man wollte ein Fest durchführen, um den Schulden zu Leibe zu rücken. Doch der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche machte einen Strich durch die Rechnung. Nach einem finanziellen Zwischenhoch, verursacht durch eine erste erfolgreiche Betteltour in der Bevölkerung und eine Schenkung aus einer Erbschaft, wurde 1934 beschlossen, aus Sparsamkeitsgründen auf den Neuankauf von Notenmaterial zu verzichten und mit alten Noten weiterzublasen.
Leben und überleben
Wie beim Wetter wechseln auch in Vereinen Hoch- und Tiefstimmungen miteinander. Eine Krise zeichnete sich zu Beginn der Zwanzigerjahre ab: Einige Mitglieder aus Schlatt gaben den Austritt oder wurden wegen des schlechten Probenbesuchs ausgeschlossen. Sie rächten sich, indem sie als Konkurrenzunternehmen eine "Schlatter Musik" gründeten, der aber bald der Schnauf ausging.
Auch grosse Weltpolitik kann Auswirkungen auf das Vereinsleben haben. Als der Zweite Weltkrieg begann, fanden bei der Musikgesellschaft Leuggern vom 29. August 1939 bis 9. März 1940 vorerst keine Proben mehr statt. 1940 gaben Vorstandsmitglieder den Austritt, und ein Antrag auf Auflösung des Vereins wurde gestellt. Ein geschickter Tagespräsident konnte das Schiff allerdings bis zur nächsten Generalversammlung flott halten. 1941 gelang es, einen neuen Vorstand zu bestellen; die Wogen glätteten sich.
Der Verein im Jahre 1932 mit den 1925 angeschafften Uniformen.